Autor Thema: Wie die obsiegende Partei eines Schiedsverfahrens schnell an das Geld kommt  (Gelesen 3504 mal)

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Schiedsverfahren gewonnen und doch verloren?

Die einfachere Vollstreckung, insbesondere im Ausland, zählt zu den oft genannten Vorteilen der Schiedsgerichtsbarkeit gegenüber Urteilen staatlicher Gerichte. Da Schiedssprüche selbst keine Vollstreckungstitel darstellen, setzt die zwangsweise Durchsetzung jedoch die Mitwirkung der staatlichen Gerichtsbarkeit voraus, in Deutschland in Form der Vollstreckbarerklärung durch das Oberlandesgericht. Dies ermöglicht eine, wenn auch eingeschränkte, staatliche Kontrolle von Schiedssprüchen, kann aber für die obsiegende Partei auch zu einer erheblichen Wartezeit führen.

Aus diesem Grund besteht seitens der im Schiedsverfahren obsiegenden Partei das Interesse, bereits vor der endgültigen Entscheidung des Oberlandesgerichts sicherzustellen, dass später noch ausreichende Vollstreckungsgegenstände vorhanden sind. Als Beispiel kann genannt werden, dass sich bereits während des Schiedsverfahrens abgezeichnet hat, dass die unterliegende Partei nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, ihren Zahlungsverpflichtungen im Fall des Unterliegens nachzukommen. Das gilt nicht nur, aber gerade auch für den Schiedskläger, der den Schiedsbeklagten in ein kostspieliges Verfahren verwickelt hat, ohne ausreichende finanzielle Mittel zurückzustellen, um am Ende auch den Kostenerstattungsanspruch erfüllen zu können.

Der deutsche Gesetzgeber hat dieses Interesse erkannt und dem Oberlandesgericht in § 1063 Abs. 3 ZPO die Möglichkeit eröffnet, die Zwangsvollstreckung aus Schiedssprüchen zu Sicherungszwecken bereits vor deren Vollstreckbarerklärung zuzulassen.

Das Ziel dieses Beitrags ist, einen kurzen Überblick darüber zu verschaffen, wie das Nebenher der Anträge auf Vollstreckbarerklärung und auf Sicherungsvollstreckung abläuft und worauf es ankommt, damit dabei keine wertvolle Zeit verloren wird.

Das Verfahren
Der Wortlaut des § 1063 Abs. 3 ZPO setzt für die Sicherungsvollstreckung nicht ausdrücklich einen gesonderten Antrag der obsiegenden Partei voraus. In Anbetracht der allgemeinen Bindung des Gerichts an die Anträge der Parteien kann jedoch davon ausgegangen werden, dass ein solcher Antrag erforderlich ist [Sessler/Schreiber, SchiedsVZ 2006, 119 (120)]. Der Antrag kann während des Vollstreckbarerklärungsverfahrens gestellt werden (Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, 4. Teil, § 10, ­Rn. 683), somit auch nach dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung. Um keine Zeit zu verlieren, ist es jedoch zweckmäßig, die Sicherungsvollstreckung bereits mit dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung zu stellen.

    „Die Sicherungsvollstreckung nach § 1063 Abs. 3 ZPO ist für die im Schiedsverfahren obsiegende Partei ein nützliches Werkzeug zur Sicherung ihrer Rechte.“

Im Gegensatz zu der Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs kann der Vorsitzende solche Sicherungsmaßnahmen auch ohne vorherige Anhörung des Gegners anordnen.

Voraussetzungen der Sicherungsvollstreckung
Der Wortlaut des § 1063 Abs. 3 ZPO gibt, mit Ausnahme der Formulierung „kann“, die auf einen Ermessensspielraum des Vorsitzenden schließen lässt, keinen Aufschluss über die Voraussetzungen einer Anordnung nach § 1063 Abs. 3 ZPO.

Grundsätzliche Einigkeit besteht hinsichtlich der Kriterien, die das Gericht bei seiner Beurteilung eines Antrags nach § 1063 Abs. 3 ZPO berücksichtigt. Demzufolge ist auf die Erfolgsaussichten der Parteien im Verfahren zur Vollstreckbarerklärung, auf die Auswirkungen der Sicherungsvollstreckung für den Schuldner und auf eine ­eventuelle Gefährdung der Vollstreckungsaussichten abzustellen.

Hinsichtlich der Frage, wann eine für § 1063 Abs. 3 ZPO ausreichende Gefahr der Vollstreckungsvereitelung vorliegt, hat sich bisher jedoch in Rechtsprechung und Literatur keine einheitliche Linie herauskristallisiert. Während teilweise für ausreichend gehalten wird, dass für den Gläubiger nur Vollstreckungsgegenstände ersichtlich sind, die der Schuldner ohne Weiteres ins Ausland überführen könnte [Salger/Trittmann/Poseck, Internationale Schiedsverfahren, § 21, Rn. 33; OLG Frankfurt am Main, ­SchiedsVZ 2010, 227 (228), Sessler/Schreiber, SchiedsVZ 2006, 119 (126); Herzberg/Eller, SchiedsVZ 2018, 336 (338); BeckOK ZPO, Wilske/Markert, 37. Ed. 01.07.2020, ZPO § 1063 Rn. 14], werden aber auch strengere Anforderungen gestellt, etwa muss ein konkretes Eilbedürfnis vorliegen (Schütze, a.a.O., Rn. 683) oder die konkrete Gefahr einer Vereitelung der Vollstreckung durch den Schuldner [OLG Frankfurt am Main, SchiedsVZ 2020, 94; Ebert, SchiedsVZ 2020, 55 (58)].

Mögliche Vorbereitung des Antrags bereits vor dem Ergehen des Schiedsspruchs
Trotz der aufgezeigten Unklarheiten hinsichtlich der Voraussetzungen der Sicherungsvollstreckung sollten bereits vor dem Ergehen des Schiedsspruchs Vorkehrungen für einen entsprechenden Antrag nach § 1063 Abs. 3 ZPO getroffen werden. Auf diese Weise können die Anträge auf Vollstreckbarerklärung und auf Sicherungsvollstreckung ohne Zeitverlust gestellt werden, sobald der Schiedsspruch ergeht. Dies gilt insbesondere, wenn sich bereits während des Schiedsverfahrens eine mangelnde Zahlungswilligkeit oder -fähigkeit seitens des Gegners abgezeichnet hat.

In diesem Zusammenhang können, soweit möglich, ­Informationen über im Inland vorliegende Vermögens­gegenstände des Gegners eingeholt werden. Ist ausschließlich bewegliches Vermögen ersichtlich, kann dieser Umstand im Rahmen der Argumentation für eine mögliche Vereitelung der Vollstreckung verwendet werden. Das Gleiche gilt für etwaige Verbindungen des Gegners ins Ausland. In diesem Zusammenhang kann auch früheres Verhalten des Schuldners im Schiedsverfahren aufgezeigt werden, zum Beispiel bei einer verspäteten oder gar unterbliebenen Zahlung des Kostenvorschusses an das Schiedsgericht oder die Schiedsinstitution.

Im Fall der Anordnung der Sicherungsvollstreckung
Hat der Antrag auf Sicherungsvollstreckung Erfolg, ist die Zwangsvollstreckung in analoger Anwendung des § 929 Abs. 3 ZPO bereits vor der Zustellung des Beschlusses an den Gegner zulässig (KG Berlin, SchiedsVZ 2017, 37, Musielak/Voit/Voit, ZPO § 1063 Rn. 10; andere Ansicht: LG Düsseldorf, SchiedsVZ 2018, 370).
Der Gegner kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe des Betrages, dessentwegen vollstreckt werden kann, abwenden, § 1063 Abs. 3 Satz 3 ZPO. Einem Rechtsbehelf unterliegt die Anordnung jedoch nicht.

Hinsichtlich des Umfangs der Vollstreckung bestimmt ­§ 1063 Abs. 3 Satz 2 ZPO, dass diese nicht über Sicherungsmaßnahmen hinausgehen darf. In diesem Zusammenhang kann man sich an denjenigen Maßnahmen, welche nach § 720a ZPO zu gegen Sicherheit vorläufig vollstreckbaren Urteilen zulässig sind, orientieren (Musielak/Voit/Voit, ZPO § 1063 Rn. 10; BeckOK ZPO, Wilske/Markert ZPO § 1063 Rn. 18). Zulässig sind demnach unter anderem die Pfändung beweglichen Vermögens und die Eintragung einer Sicherungshypothek.

Fazit: Es gilt, vorbereitet zu sein
Die Sicherungsvollstreckung nach § 1063 Abs. 3 ZPO ist für die im Schiedsverfahren obsiegende Partei ein nützliches Werkzeug zur Sicherung ihrer Rechte. Um dieses Werkzeug so effektiv wie möglich anzuwenden, gilt es jedoch gut vorbereitet zu sein und keine Zeit zu verlieren.

Quelle: Deutscher Anwalt Spiegel Online, 1. Oktober 2020, von Alexander Foerster, MANNHEIMER SWARTLING, Stockholm Advokat and Rechtsanwalt (Germany), Partner


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