Unternehmensnachfolge aus steuerlicher Sicht - Ein komplexer Vorgang mit hoher Beratungsintensität
Wer als Inhaber oder Gesellschafter eines Unternehmens überlegt, sein Unternehmen oder seine Beteiligung daran in andere Hände zu legen, ist mit einer Vielzahl von Fragen konfrontiert: Soll die Nachfolge extern oder familienintern erfolgen, durch Verkauf oder unentgeltlich, zu Lebzeiten oder erst testamentarisch? Die Unternehmensnachfolge ist ein komplexer Vorgang, der viel Fachwissen aus unterschiedlichen Disziplinen erfordert. Sind aus rechtlicher und kaufmännischer Sicht die Antworten zum Wie und Wann der Nachfolge skizziert, muss diese Skizze aber auch in den Rahmen des Steuerrechts passen. Dabei ist der steuerliche Berater nicht weniger gefordert als bei anderen komplexen Unternehmenstransaktionen, aber es gilt die ganze Bandbreite des Steuerrechts auf Gefahren und Gestaltungspotentiale hin zu prüfen. Die Beratung beschränkt sich keinesfalls auf die Erbschaft- und Schenkungsteuer.
Erbschaft- und Schenkungsteuer
Das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz ermöglicht eine Steuerbefreiung von 85% oder gar 100%. Diese Begünstigung ist aber an viele Voraussetzungen geknüpft, und die Prüfung erfordert jeweils einen tiefen und genauen Blick in die rechtlichen und kaufmännischen Verhältnisse des Unternehmens.
Der Betrieb muss mindestens fünf oder sieben Jahre fortgeführt werden. Nicht produktives, sogenanntes Verwaltungsvermögen darf nicht mehr als 90% beziehungsweise 20% des steuerlichen Unternehmenswerts betragen. Die Begünstigung greift nur bis zu einem Unternehmenswert von 26 Millionen Euro. Hier kommt es auf die steuerliche Bewertung und eine genaue Betrachtung der einzelnen Vermögensgegenstände des Unternehmens an.
Die Übertragung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft ist nur begünstigungsfähig, wenn der Schenker oder Erblasser mehr als 25% an der Kapitalgesellschaft hält. Liegt die Beteiligungsquote darunter, kann ein Poolvertrag mit weiteren Gesellschaftern, der eine einheitliche Stimmrechtsausübung und Verfügungsbeschränkung vorsieht, ausreichen, um mit dem Pool die 25%-Grenze zu überschreiten.
Neben der Behaltensfrist sind weitere Voraussetzungen zu beachten: So ist eine Lohnsummenkontrolle durchzuführen, und wesentliche Betriebsgrundlagen dürfen nicht veräußert werden. Auch nach erfolgter Übertragung des Unternehmens sind Überwachungsmechanismen während der Behaltenszeit einzuhalten. Andernfalls entfallen die steuerlichen Vergünstigungen nachträglich.
Ertragsteuern: Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer
Führt der Unternehmer das Unternehmen in der Rechtsform der Personengesellschaft, treten Einkommen- und gewerbesteuerliche Besonderheiten hinzu. Das Steuerrecht zählt zum steuerlichen Betrieb nämlich auch dasjenige Vermögen, das nicht der Personengesellschaft, sondern dem Gesellschafter gehört, aber betrieblich genutzt wird. Paradebeispiel dafür ist die an den Betrieb vermietete Immobilie im Eigentum des Gesellschafters. Dieses „Sonderbetriebsvermögen“ kann zum steuerlichen Verhängnis werden, wenn nicht alles (Anteil an der Personengesellschaft sowie SBV) zusammen übertragen wird. In diesem Fall kommt es nämlich zur Aufdeckung und Besteuerung der stillen Reserven. Auch wenn eine Unternehmensnachfolge vor allem geplant wird, um die erbschaftsteuerlichen Begünstigungsmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen, müssen Unternehmer und Berater auch stets die ertragsteuerliche Situation genau prüfen und insbesondere Sonderbetriebsvermögen oder Betriebsaufspaltungen frühzeitig identifizieren.
Denn auch hier kann sich dasselbe Risiko im Rahmen einer Betriebsaufspaltung realisieren: Nämlich dann, wenn Betrieb und eine wesentliche Betriebsgrundlage, wie zum Beispiel eine Immobilie, in zwei getrennten Gesellschaften gehalten werden und nur die Betriebs-, Besitzgesellschaft oder Immobilie veräußert wird.
A propos Grundstücke: Grunderwerbsteuer
Nicht außer Acht lassen dürfen Unternehmer und Berater die Grunderwerbsteuer, soweit Immobilien unmittelbar oder mittelbar zusammen mit Gesellschaftsbeteiligungen übertragen werden. Zwar fällt bei der schenkweisen Übertragung von Immobilien grundsätzlich keine Grunderwerbsteuer an, weil die Normen des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes vorrangig sind. Das gilt selbst, wenn die Übertragung des Betriebs zu 100% schenkung- beziehungsweise erbschaftsteuerfrei ist. Allerdings ist nicht jede unentgeltliche Übertragung grunderwerbsteuerlich privilegiert. Auflagen im Rahmen einer Schenkung sind mit dem Wert der Auflage grunderwerbsteuerpflichtig. Eine Auflage kommt in Betracht, wenn der Übergeber den Erwerber mit der Übertragung des Unternehmens verpflichtet, eine Immobilie an ein Geschwister zu übertragen.
Nicht zu vergessen: Umsatzsteuer
Bei Einzelunternehmen oder Personengesellschaften ist es für den Unternehmer oft ein Anliegen, vermögensmäßig im Unternehmen „aufzuräumen“ und beispielsweise bestimmte Wirtschaftsgüter aus dem Unternehmen zu entnehmen, damit er sie auf andere Kinder übertragen kann, die nicht die Nachfolge im Unternehmen antreten. Eine solche Entnahme kann als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzsteuer unterliegen und stellt damit eine oft übersehene Steuerfalle im Rahmen der Unternehmensnachfolge dar.
Steuern bei der Übergabe gegen Versorgungsleistung
Der Unternehmer muss bei einer lebzeitigen Nachfolgeregelung unbedingt kalkulieren, ob ihm auch ohne das Unternehmen zukünftig bis an sein Lebensende genügend Liquidität zur Verfügung steht, um seinen Lebensunterhalt und eventuell auch die Kosten der Pflege zu bestreiten.
Steht ohne das Unternehmen nicht genügend Liquidität zur Verfügung, kann die Nachfolge familienintern – oder auch extern – als Übergabe gegen Versorgungsleistung gestaltet sein. Dabei überträgt der Unternehmer das Unternehmen gegen eine monatliche lebenslange Unterhaltszahlung. Der Vorteil liegt darin, dass der Nachfolger das Unternehmen nicht kaufen und den vollen Kaufpreis finanzieren muss. Beim steuerlichen Feintuning ist darauf zu achten, dass der Nachfolger die Versorgungsleistung steuerlich als Sonderausgaben absetzen kann. Hier kommt es vor allem darauf an, dass nur betriebliches Vermögen übertragen wird und die Zahlungen aus den laufenden Nettoerträgen des Betriebs geleistet werden können. Auch hier kommt es auf eine genaue und vertiefte Betrachtung des Unternehmens an, um eine steuerliche Beurteilung abgeben zu können.
Vorsicht bei internationalen Sachverhalten
Da viele Unternehmerfamilien international aufgestellt sind, sei auch der Hinweis auf die Wegzugsbesteuerung erlaubt. Diese greift für natürliche Personen, die mindestens zehn Jahre lang in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig waren und mindestens 1% an Kapitalgesellschaften halten. Wird die unbeschränkte Steuerpflicht durch den Umzug beendet, wird eine Veräußerung der Anteile fingiert und es kommt zu einer Versteuerung der stillen Reserven. Aus diesem Grund sollte der Senior erst nach vollzogener Schenkung seinen Lebensalltag ins Ausland verlagern, und der Junior sollte vorab prüfen, ob und wann er ins Ausland ziehen kann.
Fazit: Unternehmensnachfolge erfordert Beratung aus einer Hand
Eine gelungene Nachfolge in ein aktives Unternehmen erfordert eine steuerliche Planung in nahezu allen Steuerarten. Die obengenannten Beispiele decken den Prüfungsumfang nicht einmal vollständig ab. Dabei müssen steuerlich motivierte Maßnahmen Rücksicht nehmen auf rechtliche und kaufmännische Vorgaben. Eine enge Abstimmung der beteiligten Berater aller Disziplinen (Steuerrecht, aber auch Zivilrecht) ist erforderlich. Besonderes Augenmerk ist auf die Harmonisierung des Testaments mit dem Gesellschaftsvertrag zu legen, denn es gilt der Grundsatz, dass die gesellschaftsvertraglichen Reglungen dem Erbrecht vorgehen. Auch sind die Abfindungsregeln im Gesellschaftsvertrag zu prüfen. Denn zu hohe Abfindungen können so manchem Unternehmen das finanzielle Genick brechen. Aufgrund der Vielzahl der zu beachtenden Themen erfolgt die Unternehmensnachfolgeplanung am besten aus einer Hand und in einem Guss.
Quelle: Anwaltsspiegel, 26. Oktober 2022, von Gerhard Schmitt, René Udwari und Françoise Dammertz
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